Chancengleichheit schaffen. Armut bekämpfen – Zukunft gestalten.

Als arm gelten jene Personen in Deutschland, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens verfügen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2022 sind mehr als 15 Prozent der Menschen in Deutschland von Armutsgefährdung betroffen. Dies unterstreicht die Relevanz der Veranstaltung „Chancengleichheit schaffen. Armut bekämpfen – Zukunft gestalten“, zu der die grüne Landtagsabgeordnete Silvia Brünnel eingeladen hat. Als Gast wurde Wolfgang Strengmann-Kuhn begrüßt, der über die derzeitigen Initiativen auf Bundesebene sprach. „Ziel sollte nicht sein, Armut zu reduzieren, sondern möglichst ganz abzuschaffen. Obwohl wir lange noch nicht am Ziel sind, haben wir bereits einiges in dieser Legislaturperiode erreicht, was zur Armutsbekämpfung beiträgt“, so Strengmann-Kuhn, der Obmann im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie Berichterstatter für die Themen Arbeitslosenversicherung und Armutspolitik ist. In seinem Vortrag ging er darauf ein, dass ein wichtiger Schritt die deutliche Anhebung des Mindestlohns aus 12 Euro gewesen sei, weil bis dahin nicht garantiert war, dass eine Person mit einer Vollzeitstelle einen Lohn über dem eigenen Existenzminimum hatte. Auch wies er auf die Förderung der Tarifbindung hin sowie auf die Einführung des Bürgergeldes. Letzteres verspricht insbesondere Verbesserungen im Umgang der Jobcenter mit Personen, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Durch ein zweites Bürgergeld-Gesetz sollen weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die jene Menschen unterstützt, die Arbeit suchen. „Im zweiten Bürgergeldgesetz wird angestrebt, die Anrechnung von eigenem Einkommen zu verringern und fairer zu gestalten, denn gegenwärtig wird bei Einkommen über 1000 Euro das eigene Einkommen zu 90% oder sogar vollständig angerechnet. Das wollen wir ändern und damit die Situation von Erwerbstätigen mit geringe Einkommen verbessern“, erklärt er.

Vor allem gibt es mit der Kindergrundsicherung das größte sozialpolitische Projekt der Ampelkoalition. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Leistungen ohne den bisher üblicher Antragswust bei den Menschen ankommen, die einen Anspruch darauf haben. Die bisherige Holschuld der Betroffenen soll durch eine Bringschuld des Staates ersetzt wird. Die Bundesregierung wird dazu zeitnah einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen. Strengmann-Kuhn, der einer der grünen Berichterstatter für das Gesetz ist sagt: „Dann sind wir im Bundestag dran und wollen den Entwurf der Regierung noch besser machen.“ Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden.

Silvia Brünnel, Sprecherin für Frauen und Familie der grünen Landtagsfraktion: „Armut trifft nicht alle Personengruppen gleich stark. Bestimmte Einflussfaktoren tragen dazu bei, das Risiko von Armut zu erhöhen. So sind Alleinerziehende stärker armutsgefährdet und Frauen mehr von Altersarmut betroffen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass wir auf politischer Ebene alle erforderlichen Schritte unternehmen, um Armut wirksam zu bekämpfen. Gleichzeitig sollten präventive Maßnahmen ergriffen werden, um Armut von vornherein zu verhindern.“ Im letzten Landessozialbericht wurden Alleinerziehende in den Mittelpunkt gestellt. Ziel des Berichts ist über die Einkommens- und Vermögensverteilung in Hessen aufzuklären und die Bereiche der Armutsrisiken aufzuzeigen. Mit seinem handlungsorientierten Ansatz werden im Bericht detaillierte wissenschaftliche Betrachtung erarbeitet.

„Um Armut präventiv zu bekämpfen, müssen wir Chancengleichheit in der Bildung von Anfang an ermöglichen, denn bereits hier wird der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiografie gelegt. Um Eltern zu entlasten und ihnen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, müssen wir eine verlässliche Kinderbetreuung sicherstellen“, so Brünnel weiter. Im Doppelhaushalt 2023/2024 hat das Land deshalb dafür Sorge getragen, dass insgesamt 1.400 zusätzliche praxisintegrierten vergüteten Ausbildungsplätze geschaffen werden können. Damit investiert das Land über 50 Millionen Euro in die Gewinnung von Erzieher*innen.

Das Sozialbudget ist ein geschützter Bereich im Haushalt. Mit den Mitteln können sozialpolitische Maßnahmen umgesetzt werden, von denen insbesondere Menschen in schwierigen Lebenssituationen profitieren. Damit können u.a 214 Familienzentren mit rund 4 Millionen und 75 Standorte der Gemeinwesenarbeit mit 9,35 Millionen Euro in 2024 und gefördert werden und so niedrigschwellige Angebote u.a. in den Bereichen der Beratung, Bildung und Vernetzung geschaffen werden. „Diese Maßnahmen sind zentrale Bausteine, die so den notwendigen sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt ermöglichen, die Strukturen für das Ehrenamt schaffen und in krisenhaften Zeiten wichtiger denn je sind“, so Brünnel.

Nach den beiden Vorträgen war noch Zeit für Fragen der Teilnehmenden, die unter anderem darauf abzielten, wie Strukturen weiter verbessert und der Zugang zu Leistungen vereinfacht werden könnte.

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