Gestorben wird immer – in Fulda demnächst aber deutlich teurer
Mit den Stimmen von CDU, CWE und FDP wurde in der Stadtverordnetenversammlung vom 26. Oktober 2021 eine neue Gebührenordnung für die Fuldaer Friedhöfe beschlossen. Schließlich seien die Gebühren seit 10 Jahren nicht angepasst worden. Stadtbaurat Daniel Schreiner führte aus, auch mit den neuen Gebühren befinde Fulda sich hessenweit nicht an der Spitze, sondern lediglich im Mittelfeld. Drei Jahre hätte der Prozess der Anpassung der Gebühren gedauert, so der Stadtbaurat, „die steigenden Gebühren waren überfällig“.
Argumente, die trauernden Hinterbliebenen vermutlich wenig bis gar nichts bedeuten.
Gebührenerhöhungen ja – aber mit Augenmaß
Niemand wirft der Stadt vor, Gebühren anzuheben, sie ist gehalten, wirtschaftlich zu agieren. Positiv ist auch, dass die Stadt alle 21 Friedhöfe weiter betreiben will. Die sind nämlich nicht nur ein Ort der Toten, sondern auch grüne Lunge und Erholungsbereiche für die Lebenden, und Fuldaer Kulturgeschichte. Dennoch – der Schluck aus der Gebührenpulle ist unverhältnismäßig hoch. Die Teuerung bei einer Urnenbestattung beträgt zwischen 130% und 146%. Auch bei Erdbestattungen steigen die Preise kräftig, zwischen 22 und 30% mehr müssen künftig bezahlt werden.
Mit dieser Gebührenerhöhung werden die Fuldaer/innen außerordentlich belastet. Dabei sind die Kosten bei einer Beerdigung ohnehin schon hoch, auch für eine einfach gehaltene Beerdigung kommen schnell 6.000 bis 7.000 EUR zusammen. In Fulda habe es nur 5 Beerdigungen gegeben, bei denen die Kosten übernommen worden seien, argumentierte die CDU und zog daraus den Schluss, Beerdigungen würden niemanden in den Ruin treiben.
Darum geht es aber nicht. Es geht um Familien, in denen Scham und Stolz verhindern, zuzugeben, dass die Beerdigungskosten das Familienbudget übersteigen. Wer sagt das schon gern, wenn es um den Tod eines Elternteils oder nahen Anverwandten geht?
Abgestraft statt familienfreundlich
Auch neue Gebühren hat die Stadt entdeckt, etwa für Beerdigungen an Samstagen. Diese Leistung müsse ja nicht in Anspruch genommen werden, auch könne Arbeitgebern zugemutet werden, Mitarbeiter/innen für eine Beerdigung freizustellen, so die Argumentation der CDU.
Ist in der CDU noch nicht angekommen, dass sich die Lebens- und Wohnverhältnisse seit den 1960er Jahren dramatisch verändert haben? Kaum noch eine Familie wohnt am selben Ort, oft sind weite Anreisen für eine Trauerfeier nötig. Deshalb sind Samstage ein familienfreundliches, sinnvolles Angebot, das ohne Extragebühren angeboten werden sollte.
Heute wird anders beerdigt als früher
Was die CDU nicht sagt: Hinter der neuen Gebührenordnung stecken sich ändernden Beerdigungsbräuche. Es gibt immer weniger Erdbestattungen. Viele Menschen entscheiden sich für die preiswertere Feuerbestattung, für eine Beisetzung im Wald oder auf dem Meer. Deshalb bleiben große Teile der Friedhöfe ungenutzt, die Kosten für den Unterhalt verteilen sich so auf immer weniger Grabstellen. Und deshalb wird jetzt bei den Urnenbeerdigungen abgeschöpft.
Die externe Unternehmensberatung, die bei dieser Gebührenerhöhung mitwerkelte, sah offenbar nur die betriebswirtschaftlichen Faktoren, ignorierte aber die sozialen, emotionalen, psychologischen und gesellschaftlichen. Es wäre an der CDU gewesen, sich des „C“ im Namen zu erinnern und die Kostenerhöhung auf zwei Jahre zu verteilen, wie es der Änderungsantrag von Bündnis90/Die Grünen forderte.
Fulda, den 01.11.2021
Stadtfraktion Bündnis 90/Die Grünen