STANDPUNKTE

Nach einem undifferenzierten Post der SPD Fraktion zur Ablehnung ihres Antrags zum Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen, hat sich eine diffamierende Diskussion in den Sozialen Medien entfacht, zu der Markus Hofmann Stellung bezieht:
Okay, die plumpe Meinungsmache der SPD kenne ich nach mittlerweile zwei Jahren im Hessischen Landtag. Erneut trägt der vereinfachende und undifferenzierte Post der SPD Fraktion zur Ablehnung ihres Antrags (Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen) durch die Mehrheit der Fraktionen im Landtag nicht zur Aufwertung der öffentlichen Debatte bei, sondern dient vermutlich schlicht dem verzweifelten Dauerwahlkampf der SPD Landtagsfraktion.

Gleichsam macht mich die darauffolgende Denunziation durch den Fuldaer Verein „Bündnis Fulda stellt sich quer“, in deren Post ich in die rechte Ecke gestellt werde, wütend. Die vereinfachende Darstellung der SPD aufgreifend, wird mir Nähe zur AfD und eine Zustimmung zu faschistischen Symbolen unterstellt. Da weder die SPD, noch der Vereinsvorsitzende Andreas Goerke es für nötig halten, die öffentliche Debatte durch Darstellung der notwendigen Hintergrundinformationen zu versachlichen, werde ich dies hier nun tun.

In Deutschland ist die Verbreitung und Darstellung der Kriegsflagge des Dritten Reichs mit Hakenkreuz seit Jahren strafbar (§86 und 86aStGB). Die Flagge des Kaiserreichs ist erlaubt, ebenso wie andere Symbole des Kaiserreichs. Wegen der häufigen Verwendung durch Extremisten wird die kaiserliche Kriegsflagge heutzutage oft mit rechtsextremen Gedankengut in Verbindung gebracht. Das Zeigen von Versionen der Kriegsflagge ohne Hakenkreuz oder anderen nationalsozialistischen Symbolen in der Öffentlichkeit ist derzeit leider noch möglich und muss von den Behörden nicht unterbunden werden. Die Fahnen können aber von der Polizei sichergestellt werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet erscheint.

Die Problematik in der rechtlichen Bewertung der Reichs- und Reichskriegsflaggen liegt darin, dass diese Flaggen schon weit vor dem Nationalismus verwendet wurden (seit 1892) und damals nicht als Reichskriegsflaggen betitelt wurden. Erst ab 1933 nutzte der Nationalsozialismus diese Flaggen in Verbindung mit faschistischen Symbolen. Auch in der Weimarer Republik, die erste demokratische Staatsform Deutschlands, wurden diese Flaggen verwendet. Das originäre Problem ist, diese Art der Flaggen rechtssicher zu verbieten, eben, weil sie keine nationalsozialistischen Symbole widerspiegeln. Kaiserreich und Weimarer Republik sind nicht gleich Nationalsozialismus und werden durch verschiedene Flaggen symbolisiert. Und nochmals zur Verdeutlichung: die Nazivarianten sind schon längst verboten.

Aufgrund der mittlerweile häufigen Verwendung der Flaggen durch Rechtsextreme und antidemokratische Reichsbürger*innen ist die Verbotsdebatte sicherlich gerechtfertigt und natürlich bin ich der Meinung, dass auf ein Verbot hingewirkt werden sollte sofern es rechtlich umsetzbar ist. Warum jedoch der SPD-Antrag im Hessischen Landtag nicht zielführend war und er deshalb berechtigterweise von CDU und GRÜNEN abgelehnt wurde erklärt sich u.a. durch ein aktuelles Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 13.11.2020.

Auch wenn es mir persönlich schwer fällt, halte ich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für maßgeblich:

„Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht. (…). Das Verwenden der in dem Erlass des MI vom 1. Oktober 2020 aufgeführten Flaggen im Rahmen der angezeigten Versammlung führt weder zu einem Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit, noch zu einer Gefahr für die öffentliche Ordnung.“

Verbotsregelungen aus anderen Bundesländern, beispielsweise Bremen, erfüllen nicht den Zweck eines richtigen gesetzlichen Verbots und beinhalten keine Bußgelder oder Auflagen. So können in Bremen zwar Reichsflaggen vorübergehend weggenommen werden, wenn diese z.B. bei Demonstrationen vorab verboten wurden. Ein Hissen im eigenen Garten wiederum führt zu keinerlei Konsequenz oder Strafe.

Jegliche Unterstellungen, die GRÜNE Landtagsfraktion würde sich mit der AfD gemein machen oder würden in irgendeiner Weise die Verwendung von Reichs- und Reichskriegsflaggen gutheißen, sind unhaltbar und widerlegt. Meine Sympathien und Unterstützung für den Verein Fulda stellt sich quer sind mit dem heutigen Tag beendet. An die SPD kann ich nur appellieren, die Öffentlichkeit nicht weiterhin mit vereinfachten und allzu einseitigen Darstellungen zu instrumentalisieren.

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